am
kreativen Musizieren die zwei Stunden zwischen Tag und Dämmerung zu
einem viel zu kurz erscheinendem feuerwerk zahlloser ideen
zusammenschmolzen. Das sprudelte und perlte, prickelte und prasselte,
rannte, raunte und rauschte, rumpelte und ratterte, klapperte und
klopfte, jonglierte und jubelte ohne Ende durch die freien Felder
einer langen Jazztradition von Swing über Bebop und modern Mainstream
bis hin zu poppig anmutendem Fusion, garniert mit einigen
Volksmelodieen Indonesiens, die immer wieder ein wenig
weltmusikalisches Flair unter die fröhlichen Improvisationen mischten
Glaubt man ihren Worten,
so ist die ethnische und kulturelle Vielfalt des grossen Inselreiches
Indonesien verantwortlich für ihren lockeren, freien Umgang mit den
musikalischen Stilen. Im Falle Luluk Purwanto ist es leider nicht
möglich ein klischee zu umgehen. Die umschreibung "Teufelsgeigerin"
ermöglicht allerdings eine ungefähre Vorstellung dessen, was diese
zierliche Frau mit ihrer Violine anstellt. Luluk Purwanto jagt mit
ihrer Bogen über die Saiten und befreit ihr instrument dabei von
jeglicher Beschaulichkeit und süss-schluchzender Nostalgien. Modern
Jazz steht in Mittelpunkt, kompositorische Raffinessen mit einem Hang
zu ausgesprägten Soli. Persönliche Statements der Musiker,
verschiedene Stile uns Stimmungen, Einflüsse und Traditionen
inspirieren diese Musik. Anything goes - Auch, das Luluk gleichzeitig
Geige spielt und singt. Unisono mit der melodie ihres Instumentes
summt und scatted sie Die Musik wird noch eindringlicher und erhält
einen Glanz von Leichtigkeit.
Die Indonesierin Luluk Purwanto,
deren Instrument, die violine, ein eher untypisches instrument der
jazz-Szene ist, machte nicht nur wegen ihres extravaganten Outfits
eine gute figur. Auch ihre wunderbare Stimme in verbindung mit
diversen akustischen Hilfsmitteln machen ihre Art von Jazz zu einem
erlebniss. Von gefühlvollen Stücken, meist inspiriert durch Lieder
ihrer Indonesischen Heimat, bis hin zu Be-Bop Rhytmen war das
musikalische Programm sehr abwechselungsreich und wurde zu keinem
Zeitpunkt langweilig.
Ihre musikalische Ausbildung
erwarb sie sich am Sydney Conservatorium of Music in Australien und am
institut of Art in Yogyakarta Indonesien. Ab 1980 begann sie Jazz zu
spielen und startette ihre Karriere, indem sie quer durch die welt
kreuzte und auf Festivals, in konzerthallen und jazzclubs spielte. Auf
einer tournee durch Indien und Indonesien lernte sie in 1986 ihren
künftigen Ehemann, Pianist und produzent René van Helsdingen, kennen,
mit welchem zusammen sie auch harmonierendes, sich ergänzendes Paar
abgibt.
"Tunggu" lautet der
titel einer wunderschönen Komposition
von Luluk Purwanto und bedeutet soviel wie warten. Sie handelt von
einer Person, die in dem aus über 13000 Inseln bestehenden Heimatland
der Violistin, Indonesien, geduldig tagträumend auf den Bus wartet,
und damit Stunden zu verbringen scheint, in Realität aber nur wenige
minuten wartet. Ebenso schnell ging das in jeder Beziehung kurzweilige
Konzert vorüber. Es mag an der stilistischen Vielfalt, der Präzision
und Perfektion und einer gewissen Ästhetik gelegen haben.
Fürs erste ist der Zuhörer
einmal perplex: Die junge Indonesierin
spielt die geige mit einer verblüffenden Leichtigkeit. Mit sicherer
Hand führt sie den Bogen, die Beweglichkeit ihrer Finger ist
unglaublich, die Phrasierung perfekt ternär groovend und die
Klangfarbe der Geige warm, fein, irgendwie auslaufend ohne scharfe
Grenzen, sich trotzdem aber deutlich vom Bandgefüge abhebend. Die
Bandbreite ihrer Stilmittel ist ungebrochen: Vertrackte Läufe in
Höllischem Tempo, Doppelgriffe, Vibrato, Tremolo, oder Erzeugen einer
sphärisch schwebenden Klangfarbe dank des elektronischen
Effektgeräts. Luluk strahlt ununterbrochen, erzählt Geschichten und
lässt immer wieder ihren weiten kulturellen Background durchschimmern.
Mit dem Daumen zupft sie ihre Violine und lässt sie wie eine
fusiongitarre klingen, häufig singt sie simultan unisono mit (mittels
dem an ihrer reich verzierten Kopfbedeckung befestigten Mikrofon) oder
bedient den von ihr aufgebauten Perkussionsapparat, bestehend aus
verschiedenen Schellenkränzen, Glocken, Pfeifen, Rasseln, einem Gong,
Tierstimmen imitierenden Instrumenten usw. Immer wieder brechen
Fragmente aus der volkstümlichen Musikkultur Indonesiens durch.
Mitreissende Intensität
/ Einem unverzichtbaren Beitrag lieferte aber auch das erstklassige
Trio. Die begleitarbeit der absolut soliden, tighten Rhythmsection
fesselte, der erzeugte Groove von mitreissender Intensität. Die Soli
des Pianisten und Ehemanns Purwantos, René van Helsdingen, glichen
den Erruptionen eines Vulkans. Aus dem Nichts heraus lieferte er
plötzlich die wildesten Eskapaden, driftete davon und kehrte
unerwartet in vetraute Gefilde zurück.
Nicht nur sein Pianospiel,
sondern sein ganzes Auftreten sind dynamisch- er, der die ganze Band
Managt, über ein firma verfügt und ein erfahrener Produzent ist,
gibt während des ganzen Konzerts immer wieder Regieanweisungen und
bedient die Pedale des Reisecars, den er selbst chauffiert, laut
eigenem Geständnis am liebsten in gleicher Art und Weise wie die
jenigen seines Pianos. Die Strapazen der tournee können ihm nichts
anhaben, das energiebündel lächelt ständig zum lässig auf einem
Barstuhl sitzenden Bassisten hinüber.
Schade dass nur wenige
Zuschauer den Weg in den jazz-Club an
diesem Abend fanden, denn obwohl das publikum sichtlich in "ihren"
Bann gezogen wurde, war die Kulisse einer Solistin wie Luluk Purwanto
nicht ganz würdig. Nach mehren zugaben veabschiedeten sich Luluk
Purwanto & the Helsdingen trio spät in der Nacht von
einem
begeisterten Publikum.